Der Scrum-Reflex


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Kennt ihr das auch?

Ein neues Projekt steht an und einer der ersten Schritte ist es, ein Scrum-Team zusammenzustellen?

Der Punkt ist nur: weshalb eigentlich?

Meine Erfahrungen mit der unreflektierten Wahl von Scrum

In vielen Jahren in der Softwareentwicklung habe ich diesen Scrum-Reflex sehr oft miterlebt. Entweder wurde der Scrum-Prozess (sic) vom Kunden vorgegeben oder aktiv vom Auftragnehmer vorgeschlagen.

Und ich bereue es im Nachhinein, dass ich selbst dieser Reaktion so oft blind nachgegeben habe. Ich bin mittlerweile der Meinung, dass dieser Reflex fahrlässig ist. Getreu dem Motto "wenn man sich nicht für das schämt, was man letztes Jahr gemacht hat, hat man nicht genug gelernt", gehe ich das Thema heute anders an.

Ausschlaggebend für diese späte Einsicht waren die eigenen Erlebnisse und die Berichte von Kolleginnen über die generelle Zufriedenheit der Devs - sei es in Sachen Zusammenarbeit oder in Hinsicht auf den Werksstolz. Die Mehrheit dieser "Zwangs-Scrum-Teams" blieben weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Zum einen waren die verschiedenen Implementierungen von Scrum qualitativ - diplomatisch ausgedrückt - durchwachsen. Zum anderen lag der Fokus fast ausschließlich auf Delivery anstatt Discovery. Oder noch einfacher ausgedrückt befand sich das Hauptaugenmerk auf einer stark projektmanagementgetriebenen Maximalauslastung von Entwicklungskraft anstatt auf der gemeinsamen Entwicklung des bestmöglichen Produkts.

Ein Erklärungsversuch mit der Stacey-Matrix und Cynefin

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Aber eine Teilantwort hat mich besonders erschreckt und es ist ex post so einfach: Die Lösung (Scrum) hat nicht zum Problem (Kundenumfeld) gepasst.

Dabei haben wir Agilisten Denkwerkzeuge an der Hand, die uns genau hierfür sensibilisieren sollen. Die Stacey-Matrix gibt uns ein Hilfsmittel, um zu bestimmen, in welcher Art von Domäne wir uns bewegen. Das Cynefin-Framework zeigt uns, wie wir uns in dem entsprechenden Gebiet verhalten sollten.

The Stacey Matrix adapted for software development

Bildquelle

In der Individualsoftwareentwicklung gehen wir in den meisten Fällen davon aus, dass wir uns in komplexen Umfeldern bewegen. Dies bedeutet, dass wir weder gesicherte Antworten haben auf "was ist das zu lösende Problem?", noch auf "wie werden wir das Problem lösen?". Scrum kann gemäß Cynefin eine Lösung hierfür sein, um einen "probe-sense-respond"-Ansatz zu fahren.

Doch genau hier liegt der Denkfehler, auch wenn es schwer zu glauben oder zuzugeben ist: Wir bewegen uns in erstaunlich vielen Fällen nicht in komplexen Umfeldern, sondern in chaotischen! Problem (was wollen wir bauen) und Lösung (wie gehen wir dabei vor oder auch wie reif ist die Organisation für die Umsetzung) sind so tief in unbekanntem Gebiet, dass Scrum hier nicht funktioniert.

The Cynefin Framework adapted for software development

Bildquelle

In einer chaotischen Domäne jedoch zeigt Cynefin, dass ein "act-sense-respond"-Vorgehen sinnvoller ist. Eine mögliche Option aus unserem Werkzeugkasten kann damit zum Beispiel Kanban sein, um, im wahrsten Sinne des Wortes, das Chaos in den Griff zu bekommen und sich schrittweise in Richtung eines komplexen Umfelds zu bewegen - in dem wiederum andere Werkzeuge wirksam werden.

Fazit

Meine Erkenntnis und Empfehlung sind:

  • Klärt, was die eigentlichen Ziele eines Vorhabens sind.
  • Analysiert, was das beste Vorgehen ist für den aktuellen Zustand der Domäne, in der ihr euch bewegt.
  • Übernehmt Praktiken nicht blind.
  • Nutzt Good Practices zur Findung der für euch besten Lösung.
  • Reflektiert genau, warum etwas nicht funktioniert.

Die daraus resultierende Lösung kann Scrum sein, eine skalierte Variante wie LeSS oder Nexus, Kanban, Extreme Programming, eine Mischung daraus oder komplett andere Werkzeuge.

Jede Organisation ist einzigartig und dies erfordert maßgeschneiderte Vorgehensweisen. Wichtig ist es, die bestangepasste Individuallösung zu finden. Dann klappt es auch mit dem Produkt.

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