Du kommst als neuer Teamcoach in ein Softwareentwicklungsteam. Dein Auftrag ist vorab geklärt. Und jetzt?
Welche ersten Schritte gehst Du? Wie sehen die ersten Tage und Wochen aus?
Gleich vorneweg: Darauf gibt es keine Standardantwort. Im Folgenden einige mögliche Ansätze, die ich selbst nutze. Und auch mein Weg unterscheidet sich von Team zu Team.
Eingangs schrieb ich "Dein Auftrag ist vorab geklärt". Das ist er doch, oder? Wenn nicht, gehe unbedingt zunächst in das Auftrags- und Erwartungsmanagement. Unabhängig davon, ob Du als Interner oder Externer tätig wirst.
Das Thema Auftragsklärung ist dabei ein Artikel für sich. Nur so viel dazu: Stelle und lege so früh wie möglich fest, was die Erwartungen an Dich sind. Welche Ziele sollst Du verfolgen? Was sind die Rahmenbedingungen, innerhalb derer Du Dich bewegst?
Und Ziele für Dich gibt es nicht nur vonseiten Deiner Auftraggeberin. Ebenso knüpft das Entwicklungsteam Erwartungen an Dich und Deine Rolle.
Nachdem Dein Auftrag geklärt ist, hat eine Erfassung der Ist-Situation Sinn.
Auf einer allgemeinen Ebene bieten sich folgende Fragen an, um die Situation eines Softwareentwicklungsteams zu erfassen.
Im Netz wirst Du noch viele ähnliche Checklisten und Ansätze finden. Bist Du beispielsweise explizit als Scrum Master unterwegs, kann ich Dir 20 Questions New Scrum Masters Should Ask Their Teams to Get up to Speed, 20 Questions from New Scrum Master to Product Owner und 20 Questions from New Scrum Master to the Developers empfehlen.
Und jede Antwort kann Dir einen möglichen Entwicklungsschritt geben.
Was der konkrete erste Schritt ist, ist natürlich stark situationsbedingt. Es kann sich lohnen, einen "Quick Win" zu identifizieren und diesen umzusetzen. Generell gilt es, die aktuell größte Störung zu finden und zu versuchen, diese zu beseitigen. Liegen keine Störungen vor, kannst Du ein mittel- bis langfristiges Teamentwicklungsziel festlegen und verfolgen.
Denke bei Störungen und Entwicklungszielen stets daran, was Dein Auftrag ist, ob Deine geplanten Maßnahmen auf diesen einzahlen und wie Du diese lösungsorientiert umsetzen kannst.
Mein Tipp ist zudem, Dir nicht zu viel auf einmal vorzunehmen. Das hat mehrere Gründe:
Und vergiss nicht, dass auch Arbeit am Team einem iterativen Vorgehen von Inspektion und Adaption folgt. Reflektiere dazu Deine Arbeit und Dein Vorgehen regelmäßig in persönlichen wie teaminternen Retrospektiven.
Eine Eigenschaft, die ich persönlich bei der Arbeit in der Teamentwicklung als sehr wichtig empfinde, ist Demut. Die Unternehmen, in denen und für die wir arbeiten, handeln in den allermeisten Fällen bereits erfolgreich im Markt. Es wäre somit vermessen und arrogant zu behaupten, dass sie bisher "alles falsch gemacht haben".
Unter diesen Gesichtspunkten gehe ich selten wie die Axt im Walde vor. Überfährt man Teams wie ein "Bulldozer", ist das in meinen Augen kontraproduktiv und birgt die Gefahr, zusätzliche Widerstände zu erzeugen.
Stattdessen sehe ich es als zielführender an, die ersten Tag zuzuhören, zu beobachten und Fragen zu stellen.
Das kann sogar so weit gehen, dass erste Maßnahmen augenscheinlich nichts mit Agilität zu tun haben. Vielleicht lohnt sich sogar ein Blick in klassische Projektmanagement-Techniken, -Prozesse und Organisationsformen?
Denn auch wenn sich natürlich Dinge ändern müssen, kann es sinnvoll sein, bestimmte Praktiken vorerst weiterzuführen - da sie für den Moment "gut genug" sind, um die gesetzten Vorgaben zu erreichen.
Dabei ist Agilität nicht das Ziel, sondern Mittel zum Zweck. Und dieser Zweck ist der Erfolg des Unternehmens.
Es gibt nicht den einen Guide zum Einstieg. Das hast Du doch auch nicht gedacht in komplexen Umfeldern, oder? 😉
Mit diesem Artikel gebe ich Dir einen Leitfaden an die Hand, der Deinen Werkzeugkasten erweitert und Dir Deine ersten Schritte erleichtern soll.
Welche Tools Du einsetzt und wie Du dabei vorgehst, ist immer eine Frage Deines persönlichen Stils, Deiner Erfahrung - Und immer und immer wieder: Der gesteckten Ziele, denen sich alles unterordnet.
Viel Erfolg!
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