Gute Fragen und Problembeschreibungen


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Wie oft gehen wir aus Brainstormings, Workshops, Ideenrunden und Kreativ-Sessions und fragen uns, wie brauchbar die zusammen erarbeiteten Ergebnisse sind.

Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Eine mögliche Erklärung ist: Wir stellen die falschen Fragen bzw. arbeiten auf Basis mangelhafter Problembeschreibungen.

Ist die zu beantwortende Frage zu weit und allgemein gestellt, werden die Antworten entsprechend streuen und keinen brauchbaren Lösungsansatz liefern. Ist das Problemfeld dagegen zu eng gesteckt, besteht die Gefahr, gute Ideen erst gar nicht aufkeimen zu lassen. Die Kunst ist es, den richtigen Punkt zwischen diesen beiden Extremen zu finden.

In diesem Artikel stelle ich zwei Werkzeuge vor, um die Arbeit zu Beginn einer Lösungsfindung besser zu strukturieren. Als Erstes betrachten wir die ausführlichere Variante, das Ideen-Briefing.

Option 1 - Das Ideen-Briefing

Nehmen wir an, wir suchen ein neues Produkt. Gehen wir zudem davon aus, dass wir uns gegen eine rein datengetriebene oder von konkretem Kundinnen-Feedback induzierte Vorgehensweise entschieden haben. Im Vorfeld der Ideengenerierung machen wir uns dafür Gedanken zu folgenden beispielhaften Fragen:

  • Welche Art von Produkt suchen wir: Soll das neue Produkt unseren bisherigen Kern stärken, neue naheliegende Geschäftsfelder erschließen oder komplett neue Märkte erschaffen?
  • Orientieren wir uns an Marktbegleitern und Wettbewerbern?
  • Nutzen wir die vorhandenen Möglichkeiten unserer Organisation oder sind wir bereit, neue Potenziale zu schaffen?
  • Gibt es weitere Rahmenbedingungen wie Zeit, Budget, Markenbild, Firmenkultur oder gesetzliche wie gesellschaftliche Vorgaben?
  • Was können wir aus Produktentwicklungen der Vergangenheit lernen?

Diese Fragen stellen dabei nur eine kleine Auswahl der Möglichkeiten dar! Kennen wir diese grundlegenden Punkte nicht, entwickeln wir potenziell unrealistische Ideen.

Die Formulierungen dieser Vorfragen und der daraus resultierenden Antworten machen wahrscheinlich Gebrauch von einer spezifischen Fachsprache mit ihren eigenen Begrifflichkeiten. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten die gleiche Sprache sprechen und v. a. das Gleiche verstehen.

Mit den abgesteckten Rahmenbedingungen wird das Briefing zusammengestellt. Dabei handelt es sich um ein kurzes Dokument von 1 bis 3 Seiten. Es enthält folgende Informationen:

  • Ausgangslage: Eine objektive Beschreibung der Ist-Situation. Wo stehen wir, was beschreibt unsere Umwelt und welche Einflüsse auf die Organisation hat dies?
  • Zielsetzung: Was wollen wir erreichen? Hierbei geht es noch nicht um konkrete Lösungen!
  • Kriterien: Wie ist die Erreichung des Zieles feststellbar oder messbar?
  • Nebenkriterien: Welche zusätzlichen Merkmale sind interessant?
  • Resultate: Eine weitere Konkretisierung der Zielsetzung, z. B. die Anzahl zu findender Ideen.

Dieses Dokument wird mit dem Auftraggebenden abgestimmt und dient mehreren Zwecken:

  • Es stellt einen konkreten Auftrag dar.
  • Es gibt den weiteren Weg zur Vorbereitung des eigentlichen Arbeitstreffens vor.
  • Es bildet die Grundlage für die Ausarbeitung spezifischerer Suchfelder und daraus resultierender Fragen.
  • Es dient als Vorbereitungsmaterial für alle Teilnehmenden der Ideenfindung.

Das Briefing-Dokument hat den Vorteil, dass es durch seine Detaillierung sowohl bei der Vorbereitung als auch in der Besprechung selbst einen Grundstein bildet. Es stellt v. a. für Meeting-Formate zur Ideengenerierung einen wichtigen Rahmen dar.

Ein Nachteil des Briefings ist, dass es u. U. zu umfangreich sein kann. Als Alternative bietet sich als fokussiertes Werkzeug zur Beschreibung eines Problems der sog. Organisationstreiber an.

Option 2 - Der Organisationstreiber

Der Organisationstreiber bzw. Organizational Driver ist ein Muster aus Sociocracy 3.0. Ein Treiber ist das Resultat einer wahrgenommenen Spannung bzw. Tension und stellt somit eine Problembeschreibung dar.

Zur Vorbereitung der Formulierung eines Treibers bieten sich die gleichen Schritte an wie beim oben beschriebenen Briefing. Es ist auch hier wichtig, die Rahmenbedingungen zu verstehen. Zudem kann es vorkommen, dass sich eine Spannung und das entsprechende Problem bereits während dieser Recherche löst.

Inhaltlich ähnelt ein Treiber stark dem Briefing. Er besteht aus je zwei Teilen und beschreibt sowohl, was gerade passiert (Punkte 1 und 2), als auch, warum die Organisation handeln sollte (Punkte 3 und 4):

  1. Aktuelle Situation: Eine objektive Beschreibung der Ist-Situation und des nötigen Kontexts.
  2. Der Effekt auf die Organisation.
  3. Der Bedarf der Organisation. Hier geht es nicht um konkrete Lösungen!
  4. Erwartete Konsequenzen, wenn der Bedarf gedeckt ist.

Der Charme des Treibers zeigt sich bei der Ausformulierung: Er sollte nicht länger als 1-4 Sätze sein. Richtig gelesen: Sätze, nicht Seiten.

Getreu dem Motto "wenn man es nicht einfach erklären kann, hat man es nicht gut genug verstanden" wird die Autorin gezwungen, das Problem kurz und knackig zu beschreiben, ohne sich in Prosa oder ersten Lösungsansätzen zu verfangen. Das macht den Organisationstreiber zu einem mächtigen Denkwerkzeug. Und auch zu einer Art Gatekeeper, um fixe Ideen und andere Schnellschüsse zu reduzieren, da das Format voraussetzt, sich mit einem Problem zunächst selbst auseinanderzusetzen.

Ein praktisches Beispiel für eine Treiberformulierung:

Unser operatives Geschäft wächst mit zunehmend dezentralen Teams und wir können Dinge verbessern.

Wir müssen unsere Steuerung für diesen Bereich weiterentwickeln, um den Zusammenhalt und die Leistungsfähigkeit im Wachstum zu erhalten.

Wichtig ist dabei zu verstehen, dass ein Organisationstreiber im Kern die Frage nach dem "warum" stellt. Die Klärung des "wie" erfolgt erst im Nachgang.

Die Kürze eines Treibers macht ihn zu einem vielseitigeren Werkzeug als das etwas klobige Briefing. Er ist z. B. nutzbar als:

  • Eintrag in einem Logbuch oder Backlog und damit besser "verwaltbar"
  • Baustein zur Vorbereitung einer anschließenden Ideenfindungsrunde oder zur Ausarbeitung konkreter Lösungen
  • Legitimierung für ein Meeting
  • Erster Schritt für die Einleitung von Initiativen

Noch ein wichtiger Hinweis. Die Ausformulierung eines Organisationstreibers klingt zunächst einfach. Es erfordert jedoch viel Übung, um in der geforderten Kürze gute Problemformulierungen unterzukriegen.

Fazit

Gute Ergebnisse benötigen eine gute Vorbereitung. Mit den beiden vorgestellten Methoden habe ich Werkzeuge vorgestellt, die in der Anfangsphase einer Lösungsfindung gute Fragen und brauchbare Problembeschreibungen liefern.

Das Briefing fokussiert auf Workshops zur Ideenfindung und bietet dafür eine solide Basis. Der Organisationstreiber ist ein vielseitigeres Werkzeug und opfert dafür die Ausführlichkeit. Welcher der beiden Ansätze ein gegebenes Problem am besten löst, hängt natürlich auch davon ab, wer die Methoden nutzt.

Was beide Ansätze verbindet, ist die Notwendigkeit, anfangs Zeit zu brauchen. Nach meiner Erfahrung ist dies sehr gut investierte Zeit. Dadurch werden die Chancen erhöht, dass Besprechungen zum einen effektiver sind und gesetzte Ziele erreichen. Zum anderen wird die Zeit der Teilnehmenden effizient genutzt und nicht verschwendet.

Abschließend bleibt mir noch der Hinweis, dass Ideen alleine noch lange keine Lösungen sind. Sie sind der erste Schritt, müssen weiter bearbeitet und evaluiert werden. Und erst dann kann es in die Ausarbeitung konkreter Initiativen, Projekte oder Produkte gehen.

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