Wenn Dein Softwareteam Zeit mit Multitasking und hoher Auslastung verschwendet, hilft Dir eine Bewertung auf Basis der „Cost of Delay“.
Überspitzt formuliert ist das Problem, dass nichts wichtig ist, wenn alles wichtig ist. Und so versenken wir lieber Zeit in viele kleine Teilarbeiten und Parallelarbeit, anstatt ehrlicher und klarer zu priorisieren. Und das bedeutet, auch „nein“ sagen zu können.
Dabei spreche ich noch nicht mal von kulturellen Schwierigkeiten rund um das Wörtchen „nein“. Vielleicht fehlen auch nur die Zahlen bzw. eine Bewertungsgrundlage, um fundiert nein sagen zu können.
Und hierfür helfen die beiden Methoden Cost of Delay Divided by Duration (CD3) und Weighted Shortest Job First (WSJF), um Entscheidungen auf Basis von wirtschaftlichem Wert und zeitlicher Effizienz zu treffen
Beide Ansätze setzen den erwarteten Nutzen eines Projekts oder eines Features in ein Verhältnis mit dem Aufwand, der für die Umsetzung nötig ist. Sie dienen somit als Methoden, um den in einem bestimmten Zeitraum erzielten Wert bei begrenzter Kapazität zu maximieren.
CD3 ist eine quantitative Priorisierungsmethode, die zwei wesentliche Faktoren berücksichtigt:
Die Formel lautet einfach:
CD3 = Cost of Delay / Duration
Die Methode basiert auf der Erkenntnis, dass die wirtschaftlich sinnvollste Reihenfolge für die Umsetzung von Funktionen nicht nur vom erwarteten Wert abhängt, sondern vom Verhältnis zwischen Wert und Zeit.
Items mit höherem CD3-Wert sollten somit höher priorisiert werden, da sie den größten wirtschaftlichen Nutzen pro aufgewendeter Zeiteinheit versprechen.
Was sind nun diese Kosten, die bei einer verzögerten Umsetzung entstehen können? Folgende Blickwinkel können helfen:
Und die Summe dieser Komponenten ergibt dann die gesamte Cost of Delay.
Für jedes zu bewertende Item, Feature oder Vorhaben muss die Cost of Delay bestimmt werden. Dies kann auf drei verschiedenen Wegen erfolgen:
Und wenn absolute Bewertungen schwerfallen, bleibt immer die Alternative einer vergleichenden Schätzung.
Die Duration bezieht sich auf die Zeit, die für die vollständige Implementierung eines Items benötigt wird. Diese kann in verschiedenen Einheiten gemessen werden. Drei Beispiele sind:
Wichtig ist, dass die gleiche Einheit konsistent für alle Items verwendet wird und die Schätzung realistisch ist, einschließlich aller notwendigen Aktivitäten wie Entwicklung, Testing und Deployment.
Betrachten wir diese vier verschiedenen Produkt-Features:
Feature | Cost of Delay (€/Monat) | Duration (Monate) | CD3 |
---|---|---|---|
Feature A | 60.000 | 6 | 10.000 |
Feature B | 30.000 | 2 | 15.000 |
Feature C | 90.000 | 8 | 11.250 |
Feature D | 20.000 | 1 | 20.000 |
Würden wir diese Features einfach in der Reihenfolge A-B-C-D abarbeiten, hätten wir eine hohe Cost of Delay. Das folgende Bild zeigt diese als die orangefarbene Fläche:
Basierend auf der CD3-Berechnung ergibt sich dagegen folgende Priorisierung:
Und dies verringert sichtbar unsere Cost of Delay:
Obwohl Feature C den höchsten absoluten Cost of Delay hat, wird es aufgrund seiner längeren Implementierungsdauer niedriger priorisiert als Features D und B, die einen besseren Wert pro Zeiteinheit bieten.
WSJF ist ein Priorisierungsmodell, das ursprünglich aus dem Scaled Agile Framework (SAFe) stammt. Die Grundidee basiert ebenso wie CD3 auf dem wirtschaftlichen Prinzip der Cost of Delay in Verbindung mit einer Jobgröße.
Die Kernformel lautet:
WSJF = Cost of Delay / Job Size
Die Methode ermöglicht es, Aufgaben nach dem höchsten wirtschaftlichen Wert pro Aufwandseinheit zu ordnen.
Bei WSJF wird die Cost of Delay als Kombination aus drei Faktoren berechnet:
Auch hier bildet die Summe dieser Faktoren dann die gesamte Cost of Delay.
Beim Weighted Shortest Job First-Ansatz erfolgt die Schätzung der Cost of Delay und der Job Size stets relativ. Sprich: Die Bewertung erfolgt in einem vergleichenden Verfahren.
Die genutzte Skala kann dabei einfach von 1 bis 10 gehen (und je nach Menge der zu bewertenden Items erweitert werden) oder der Fibonacci-Reihe (1, 2, 3, 5, 8, 13, 21) folgen. Letzteres ermöglicht eine feinere Differenzierung bei niedrigeren Werten.
Stellen wir uns vor, ein Softwareteam hat folgende vier Features zu priorisieren:
Feature | Business Value | Time Criticality | Risk Reduction | CoD (Summe) | Job Size | WSJF |
---|---|---|---|---|---|---|
Feature A | 8 | 5 | 3 | 16 | 5 | 3,2 |
Feature B | 5 | 13 | 8 | 26 | 13 | 2,0 |
Feature C | 3 | 3 | 5 | 11 | 3 | 3,7 |
Feature D | 13 | 8 | 2 | 23 | 8 | 2,9 |
Basierend auf der WSJF-Berechnung würde die Priorisierung wie folgt aussehen:
Obwohl Feature B den zweithöchsten Cost of Delay aufweist, wird es aufgrund seiner hohen Job Size niedriger priorisiert als Features mit einem besseren Wert-Aufwand-Verhältnis.
Sowohl CD3 als auch WSJF bieten ähnliche Vorteile:
Und beide Ansätze haben vergleichbare Nachteile:
Unterm Strich sind sowohl CD3 bzw. WSJF praktische Tools, um Vorhaben klarer zu priorisieren oder zu sortieren. Die Entscheidung für den einen oder anderen Ansatz steht und fällt mit Details wie der Bewertung der CoD und der Herangehensweise bei der Ermittlung der Parameterwerte.
Sowohl CD3 als auch WSJF sind leistungsstarke Methoden zur Priorisierung in Softwareentwicklungsteams.
Durch die explizite Berücksichtigung der wirtschaftlichen Kosten von Verzögerungen und deren Verhältnis zur Implementierungsdauer ermöglichen sie datengestützte Entscheidungen, die den Wertbeitrag von Entwicklungsteams maximieren. Auch geben beide Ansätze Teams ein tieferes Verständnis für die wirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Arbeit.
Und beide Methoden sind natürlich nicht exakt.
Doch lieber ein leicht verständliches, nutzbares, wenn auch ungenaues Werkzeug als ein übermäßig komplexes mit mehr Genauigkeit.
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