Einzelgespräche im Rahmen der Teambildung


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Ein Team ist kein abstraktes Gebilde, sondern ein Zusammenschluss von Menschen. Und Einzelgespräche mit diesen sind ein wichtiger Hebel bei der Teambildung.

Dabei gehen die Meinungen interessanterweise auseinander. Die eine Seite postuliert, dass für die Teamentwicklung einzig das Gruppencoaching zählt. Die andere Seite behauptet, dass Einzelcoachings besser zum Ziel führen. Ich sage: warum nicht beides? Wie so oft gibt es eben nicht nur 0 oder 1, sondern viele Stufen dazwischen.

Gründe für Einzelgespräche

Das Führen von Einzelgesprächen mit den Menschen im Entwicklungsteam ist eine äußerst wertvolle Praxis. Hier eine Auswahl von guten Gründen für Vieraugengespräche:

  1. Individuelle Unterstützung: Jedes Teammitglied hat seine eigenen Stärken, Schwächen, Ziele und Bedürfnisse. Einzelgespräche ermöglichen es, auf die individuellen Anliegen jeder Mitarbeiterin zu konzentrieren und gezielte Unterstützung anzubieten.

  2. Feedback und Leistungsevaluierung: Durch regelmäßige Einzelgespräche kann die Leistung jeder Mitarbeiterin bewertet und konstruktives Feedback gegeben werden. Dies fördert die kontinuierliche Verbesserung und ermöglicht es, eventuelle Probleme oder Herausforderungen frühzeitig anzugehen. Doch ein Wort der Vorsicht: es obliegt im Normalfall nicht dem Teamcoach, individuelle Leistungen zu bewerten. Dies ist in den meisten Fällen Aufgabe des gesamten Teams ("ziehen sich wechselseitig als Experten zur Verantwortung") oder der disziplinarischen Führungskraft.

  3. Klärung von Erwartungen: Die Gespräche bieten eine Plattform, um Rollen, Verantwortlichkeiten und Erwartungen klar zu kommunizieren. Dadurch wird Missverständnissen vorgebeugt und die Chancen auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit erhöht.

  4. Motivation und Engagement: Indem Du Dir die Zeit nimmt, die individuellen Ziele und Interessen jedes Teammitglieds zu verstehen, können Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und persönlichen Wachstum geboten werden. Dies trägt zur Steigerung der Motivation und des Engagements bei.

  5. Vertrauensaufbau: Einzelgespräche schaffen einen vertraulichen Raum, in dem offener über Sorgen, Ideen und Anliegen gesprochen werden kann als in Gruppenbesprechungen. Dies fördert den Vertrauensaufbau und stärkt die Beziehung zwischen Dir und Deinem Team.

  6. Konfliktlösung: Einzelgespräche ermöglichen es, Konflikte oder Spannungen frühzeitig zu erkennen und anzugehen, bevor sie sich negativ auf das Team auswirken.

  7. Probleme frühzeitig erkennen: In Einzelgesprächen können Teammitglieder offener über Probleme sprechen, sei es beruflicher oder persönlicher Natur. Dies ermöglicht es Dir, potenzielle Konflikte oder Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

  8. Karriereentwicklung: Durch gezielte Gespräche über die langfristigen beruflichen Ziele Deiner Teammitglieder kannst Du Entwicklungspläne erstellen, die Workshops, Trainings oder Weiterbildungen beinhalten.

  9. Persönliche Bindung: Einzelgespräche zeigen, dass Du als Teamcoach Interesse an den individuellen Bedürfnissen und Wohlbefinden der Menschen hast. Dies trägt zur Schaffung einer positiven Teamkultur bei.

  10. Informationsaustausch: Du kannst wichtige Informationen über Projekte, Unternehmensrichtlinien und Änderungen in einer persönlichen Umgebung kommunizieren, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass diese Informationen verstanden und umgesetzt werden. Auch hier ein Wort der Vorsicht: im Sinne der Transparenz brauchen alle Teammitglieder den gleichen Informationsstand. Ein Einzelgespräch dient dabei dem besseren Verständnis.

  11. Zukunftsplanung: Einzelgespräche bieten die Möglichkeit, langfristige Ziele des Teams und der Organisation zu besprechen und sicherzustellen, dass die individuellen Beiträge der Mitarbeiterinnen zur Erreichung dieser Ziele beitragen.

Zusammenfassend fördern Einzelgespräche im Entwicklungsteam die Kommunikation, das gegenseitige Verständnis, die Motivation und die individuelle Entwicklung. Sie tragen dazu bei, ein unterstützendes und produktives Umfeld zu schaffen, in dem sich die Teammitglieder geschätzt und gehört fühlen.

Vor- und Nachbereitung von Vieraugengesprächen

Wie bei jeder Besprechung steht auch im Vorfeld eines Einzelgesprächs die Klärung an, was das Ziel des Termins sein soll. Geht es z. B. tatsächlich nur um den Ersatz des zufälligen Treffens an der Kaffeemaschine? Soll es ein erstes, lockeres Kennenlernen sein? Steht ein konkretes Thema zur Diskussion? Oder handelt es sich um ein Folgegespräch, dass einen Faden wieder aufnehmen soll?

Die Antwort auf die Frage des Ziels bestimmt Inhalt und Umfang des Gesprächsleitfadens. Ein solcher Interviewleitfaden gibt Themen und Fragen grob vor. Er stellt eine Liste offener Fragen dar, die keine Antwortalternativen vorgeben und im Gespräch vom Gegenüber mit eigenen Worten beantwortet werden sollen. Während des Termins muss der Leitfaden nicht streng verfolgt, sondern kann flexibel genutzt werden - abhängig von Ziel und Gesprächsverlauf.

Das Vieraugengespräche sollte nicht direkt an einen vorhergehenden oder folgenden Termin an. Im besten Fall hat man selbst und die Gesprächspartnerin mindestens 15 Minuten Zeit für Vorbereitung und Einstimmung. Und wenn es keinen harten Anschlag gibt, darf eine gut laufende Unterhaltung auch gerne überziehen - Timeboxing ist eine feine Sache, doch warum die Chance auf wichtige Informationen vergeben?

Ebenso empfiehlt es sich, alle Störquellen vor dem Gespräch zu beseitigen. Das kann Punkte umfassen wie das Schließen von E-Mail- und Chat-Anwendungen und das Telefon mindestens stumm zu schalten.

Möglichst direkt nach dem Einzelgespräch sollten die Notizen zusammengefasst und aufbereitet werden. In den Minuten danach ist die Erinnerung noch frisch genug, um schnell geschriebene Punkte und Zitate besser zu formulieren. Auch ermöglicht die frische Erinnerung, den Gesamtverlauf noch einmal Revue passieren zu lassen und wichtige Themengebiete sowie Zusammenhänge zu erkennen.

Beispiel-Leitfaden für ein Erstgespräch

Hier zur Inspiration ein kurzer Interviewleitfaden, den ich bei einem Softwareentwicklungsteam für die erste Runde der Einzelgespräche nutzte.

Optionen für die Einleitung

  • Wie geht es Dir <heute/ nach/ bei/ mit/ ...>? Den vollkommen offenen Einstieg mit der Fragen nach dem Befinden habe ich tatsächlich genutzt. Alternativ bietet sich an, auf ein konkretes Ereignis Bezug zu nehmen, um den Start zu erleichtern oder das Gespräch bereits in eine bestimmte Richtung zu lenken.
  • Wie war der letzte Monat für Dich? Eine Variante der ersten Frage mit Bezug auf einen bestimmten Zeitraum. Diese Option kann in einem Folgegespräch zum Einsatz kommen.
  • Was treibt Dich in letzter Zeit an? Die dritte Variante der Einleitungsfrage. Denkbar ist sie, wenn beispielsweise das Thema Motivation im Fokus liegen soll.

Für die erste Runde einbauen?

  • Bisherige Projekte im Unternehmen? Da ich als Coach neu zu diesem Team stieß, interessierte mich zum Kennenlernen die bisherige Zugehörigkeit der Menschen in der Organisation und welche Erfahrung sie aus anderen Entwicklungsprojekten mitbringen.
  • Bisherige Zeit im aktuellen Projekt? Und da ich nicht vom Beginn des Projektes an tätig war, wollte ich zusätzlich wissen, wie lange das Teammitglied bereits im Projekt arbeitet und wie es bisher lief.

Generelle Fragen

  • Was sind Deine aktuellen Ziele? Diese Frage ist mit Absicht so offen gelassen. Manche Gesprächspartnerinnen springen direkt an, andere brauchen ggf. einen Fokus auf ein bestimmtes Gebiet oder einen bestimmten Zeitraum.
  • Was möchtest Du gerne lernen? Das kann sich, je nach Gesprächsziel, sowohl auf die berufliche wie private Seite beziehen.
  • Was hält Dich gerade auf, diese Ziele zu erreichen? Dieser Punkt zielt direkt auf eine Kernaufgabe jedes Teamcoaches: Hindernisse aus dem Weg räumen (lassen) und Engpässe identifizieren.
  • Wobei wünschst Du Dir mehr Unterstützung? Was können andere tun, um Dich dabei zu unterstützen? Diese Fragen zielen auf Punkte, die möglicherweise (und leider) nicht in einer Retrospektive angesprochen wurden.
  • Wie kann ich Dich unterstützen, Deine Ziele zu erreichen? Insofern dies nicht im Rahmen der vorhergehenden Frage angesprochen wurde, wird dies hiermit forciert. Und das entstehende Gespräch kann helfen, die eigene Rolle zu schärfen bzw. besser zu vermitteln.

Abschlussfrage

  • Welche Frage habe ich vergessen, Dir zu stellen? Das ist meine Geheimwaffe. Vielleicht erwarten die Menschen einen Punkt, der nicht angesprochen wurde. Oder es gab einen Faden im Laufe des Einzelgesprächs, der nicht aufgegriffen wurde. Und diese Frage soll diese Lücke finden und füllen.

Wie so oft in komplexen Umfeldern gilt auch hier: Es gibt nicht die eine Lösung und den Leitfaden. Was zählt, ist Dein Leitfaden. Denke an Deine Ziele und richte die Fragenliste an diesen aus.

Beobachtungen und Erlebnisse

So wie jedes Team anders ist, sind auch alle Menschen im Team anders. Damit ergeben sich komplett unterschiedliche Gespräche.

Es beginnt schon mit der Vorbereitung. Die eine Gesprächspartnerin kommt mit einer ausgearbeiteten Liste von Punkten und benötigt nur einen kurzen Anfangsimpuls, bevor es los sprudelt. Anderen wiederum muss sprichwörtlich jedes Wort aus der Nase gezogen werden.

Entsprechend gibt es Einzelgespräche, die unter der geplanten Zeit bleiben, während andere den Rahmen komplett sprengen.

Manche nehmen das "Gespräch an der Kaffeemaschine" wörtlich und reden über alles andere als die Arbeit. Dann wiederum gibt es die Menschen, die den privaten Bereich komplett ausblenden bzw. schützen.

Und alles davon, jede Variation, ist gut und richtig und gerne der Weg zu purem Informations-Gold. Ja, zentral und wichtig ist das Ziel des Gesprächs. Dies bedeutet mal mehr, mal weniger Steuerung und denke an den wichtigen Grundsatz "wer fragt, führt".

Fazit

Je nach Persönlichkeitstyp mag die Einstiegshürde für Dich hoch sein, diese Art von Gesprächen zu führen.

Im Grunde ist es wie der Sprung ins kalte Wasser: erst braucht es Überwindung und dann ist es ganz wunderbar.

Wichtig ist, dass bei Vieraugengesprächen das Zuhören wichtiger ist als Reden. Es geht darum, dem anderen Menschen das Gefühl zu geben, gehört zu werden und dass jede Meinung wertvoll ist.

Das macht Einzelgespräche zu einem mächtigen und wichtigen Werkzeug in der Teambildung. Und Du darfst gespannt sein, welche Schätze Du damit heben wirst.

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