Prozesse lösen nicht euer Problem


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Prozesse lösen wahrscheinlich nicht euer Problem.

Und trotzdem halte ich sie für notwendig.

Erscheint dies widersprüchlich?

Ein Blick auf das Problem

Schauen wir zunächst auf meinen persönlichen Stein des Anstoßes. Kennt ihr Zitate dieser Art?

"Wir haben doch festgeschriebene Prozesse, da werden die Leute sich ja wohl daran halten."

In eine ähnlich Richtung geht:

"Hier läuft etwas nicht rund. Zur Lösung brauchen wir einen neuen Prozess."

Oder die Variante:

"Hier läuft etwas nicht rund. Wir müssen den Prozess anpassen, um dieses Problem zu lösen."

Stimmen diese Aussagen nun oder nicht? Wie so oft ist die Antwort natürlich: Es kommt drauf an.

Um zunächst eines klarzustellen: Es geht hier nicht um Prozess-Bashing und die Illusion, dass es keine festen Vorgehensweisen braucht. Es wird immer einen Prozess geben. Punkt. Erklären Devs zum Beispiel, dass sie keinen Entwicklungsprozess haben, dann ist das falsch. Sie haben einen, nur hat dieser vielleicht keinen weitbekannten Namen oder wurde niemals offiziell niedergeschrieben.

Ähnlich ist es mit Prozessen an anderen Stellen in der Organisation. Es gibt sie. Die Frage ist nur, welches Vorgehen tatsächlich gelebt wird.

Und wie sieht nun eine Lösung aus? Das kann ich pauschal nicht beantworten. Die Lösung muss aus euch und eurer Organisation heraus entstehen.

Der Einstieg in die Lösungsfindung

Hier einige Denkanstöße, wenn ihr das nächste Mal mit einer "Prozesssituation" konfrontiert seid:

  • Was ist das Ziel bzw. was soll erreicht werden? Oder anders: Was genau ist der Schmerz, der gelöst werden soll? Es lohnt sich, in diese Fragen die meiste Zeit zu investieren.
  • In welcher Art von Domäne liegt das Problem? Festgeschriebene Prozesse haben Sinn in einfachen Problemfeldern, in denen Best Practices und Checklisten gut funktionieren können.
  • Gibt es für das Problem bereits eine Lösung außerhalb der Organisation? Die Wahrscheinlichkeit in einfachen Domänen ist hierfür hoch. Vorsicht jedoch vor einer unreflektierten Übernahme von organisationsfremden Modellen.
  • Gibt es für das Problem bereits eine Lösung innerhalb der Organisation? Diese kann eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, akzeptiert zu werden. (Ihr habt keinen Überblick, welche Initiativen und Vorgehen innerhalb eurer Organisation existieren? Dann habt ihr ein zusätzliches Problem.)
  • Lohnt es sich, die Dinge einfach mal laufen zu lassen? Vielleicht ist eine emergente Lösung doch die bessere.
  • Ist der Prozess bekannt? Und nein, "es steht doch im Wiki" ist darauf keine Antwort.
  • Wird der Prozess verstanden? Auch hier gilt: Nur weil etwas aufgeschrieben und im besten Fall sogar gelesen wurde, gilt es nicht als verstanden. Kurzer Test: Wie viele Rückfragen und Nachbesserungen gibt es beispielsweise bei euren Reiseanträgen und -abrechnungen?
  • Wie wird der Prozess angenommen? Welche Umwege nehmen die Mitarbeitenden?
  • Welche Konsequenzen gibt es, wenn ein Prozess nicht befolgt wird? Wird die Einhaltung kontrolliert? Wie leicht ist es, sich in der Anonymität der Masse zu verstecken? Wie schmerzhaft ist es, einen anderen, vermeintlich einfacheren Weg zu nutzen?
  • Passt der Prozess noch? Wird er in regelmäßigen Zyklen einem Review unterzogen und entsprechend angepasst oder sogar fallen gelassen?
  • Wer sind die Personen, die den Prozess entwickeln und wer sind die Personen, die diesen einhalten sollen? Es gibt Menschen, die Struktur lieben. Es gibt Menschen, die sich eingeengt und behindert fühlen. Es gibt Menschen, die Vorgehen blind befolgen, ohne nach links und rechts zu schauen.

Und dieser letzte Punkt ist vermutlich einer der wichtigsten: Prozesse werden von Menschen umgesetzt und damit fangen die Herausforderungen an.

Fazit

Menschen sind keine Maschinen, denen ein neues Programm aufgespielt wird und ab dann läuft alles wie am Schnürchen.

Genau hier bin ich der Meinung, dass selbst in standardisierten oder hochregulierten Umgebungen Agilität helfen kann. Dabei spreche ich nicht von agilen Vorgehensmodellen. Ich beziehe mich auf die Werte und Prinzipien, auf denen jedes gute, agile Modell basiert. Denn ist die Frage des "wozu" geklärt, klappt es auch mit dem Prozess.

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